Ein Buch für Keinen by Stefan Gruber

Ein Buch für Keinen by Stefan Gruber

Autor:Stefan Gruber
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: tredition GmbH, Hamburg
veröffentlicht: 2018-09-05T00:00:00+00:00


Das Patriarchat

Die größte Ehre, die das Weib hat, ist allzumal, dass die Männer durch sie geboren werden.

Martin Luther

Wenn ein sich selbst organisierendes System aus seiner gewohnten Bahn ins Chaos ausbricht, um sich hernach neu zu organisieren, neue Vernetzungen zu spinnen und neue Verknüpfungen zu bilden, dann passiert das auf sämtlichen Ebenen unseres Ebenen-Modells gleichzeitig – spirituell, politisch, ökonomisch, psychologisch, ökologisch, soziologisch, religiös etc. Lineare Kausalität ist ein Produkt des patriarchalischen Denkens und damit bloß eine Ideologie, d.h. eine Form des Blickwinkels, die ebenso richtig oder falsch ist wie jede andere auch. So wie wir bereits bei der Entstehung des Staates gesehen haben, dass Staat, Eigentum, Geld, Zins und Wirtschaft eine Organisationseinheit bilden, so bilden auf einer höheren Ebene Patriarchat, Viehzucht, Bewusstsein, Gewalt, Kinderreichtum, Besitzdenken, Herrschaft, Ratio, Ausdifferenzierung, Kultur, Moral, Sitte, Monogamie und Paarfamilie eine Organisationseinheit, die sich fraktal bis zur Individualpsychologie weiterspinnt. All das bedingt einander, wie im Laufe der nächsten Kapitel noch zu sehen sein wird.

Bott schreibt: »In dem Maße, wie die Paarungsfamilie als neue Wirtschaftsgemeinschaft die alte Wirtschaftsgemeinschaft der Blutsfamilie ersetzt, zersetzt sie diese zugleich. Die Wirtschaftsgemeinschaft der Blutsfamilie zerfällt in die neuen Wirtschaftseinheiten einzelner, selbstständig nebeneinander wirtschaftender Paarungsfamilien. […] Mit der paternalen oder patriarchalen Durchsetzung der Paarungsfamilie als neue Wirtschaftseinheit werden die Frauen weitgehend ihrer gemeinschaftlichen und zugleich öffentlichen Arbeit, wie es das gemeinschaftliche Sammeln für Kern-Blutsfamilie und die Genossenschaft war, beraubt; ihre Arbeit wird privatisiert und im Gegensatz zur Arbeit des Mannes domestiziert, d.h. auf den Einzel-Haushalt der Paarungsfamilie beschränkt. Fortan setzt sich der Stamm nicht mehr aus herrschaftsfreien, egalitären Blutsfamilien-Genossenschaften zusammen, sondern aus hierarchisch organisierten ›gentes‹1, wobei jede gens ein Verband ist, der von den miteinander blutsverwandten männlichen Oberhäuptern verschiedener Paarungsfamilien dominiert wird und zu deren hierarchischer Organisation ›Gentil-Vorsteher‹ und Stammes-Oberhäupter gehören, Männer, die jetzt die politischen und meist auch kriegerischen Interessen des Stammes in der Hand haben. Die neolithischen Strukturen sind etwas völlig anderes als die paläolithischen.«

Wird dann zusätzlich das Land knapp und verkommt zu Privatbesitz, stärkt das wiederum die monogame Paarfamilie, den Zusammenhalt zwischen Eltern und Kindern (die aufeinander angewiesen sind) – und die Unterdrückung der Frau, die nun mehr und mehr zur Gebärmaschine degradiert wird, zur Produzentin der Kinderressourcen. Wesel nimmt als Beispiel die patrilinearen (und damit immer patrilokalen!) Ackerbauern »Tallensi« im südlichen Obervolta an der Grenze zu Ghana: »Und die Situation der Frauen ist bei ihnen am schlechtesten. Die Frau verbeugt sich vor dem Mann. Sie kniet nieder, wenn sie ihm das Essen bringt. Der Mann führt sie vor den Schrein seiner Ahnen, wenn er den Verdacht hat, sie würde die Ehe brechen. Und regelmäßig wird dort die Wahrheit gesagt, aus Furcht vor Vergeltung durch die Seelen der Verstorbenen. Sobald am Hoftor ›Männerangelegenheiten‹ besprochen werden, ziehen sich die Frauen zurück. Sie sind das wichtigste Objekt des Wettbewerbs zwischen einzelnen Männern und ihren Familien und gelten als frivol und unbeständig.«

Mit dem privaten Land- und Güterbesitz, dem Erbrecht und den Kindern als Arbeitskräfte, Altersversorger und Erbberechtigte (nur Söhne) verändert sich auch der religiöse Kult. Die Ahnen bestrafen für Ehebruch; später wurde das Verbot



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